Die Zukunft der individuellen Mobilität
(Update Mai 2021)
Unter dem Motto „Diverse Powertrain Concepts for a Carbon-neutral Future“ veranstaltete A3PS (Austrian Association of Advanced Propulsion Systems) seine jährlich stattfindende Konferenz, die 14. Eco-Mobility 2019 im Gironcoli Saal der Strabag in der Donau City. Beide Tage waren gespickt mit hochkarätigen Vorträgen zu den Themen E-Mobilität, Wasserstoffkonzepte und neue Mobilitäts- und Antriebstechnologien.
Johannes Stangl von Fridays for Future hat beim Europäischen Forum Alpbach die berechtigte Frage gestellt:
„Wann haben wir begonnen, das Auto über alles andere zu stellen?“
Johannes, Du hast recht! Wir müssen uns über unsere künftige Ausrichtung Gedanken machen und begreifen, dass Autos tatsächlich ökologischer Luxus sind! Nichtsdestotrotz sind sie Realität und die österreichische Automobilindustrie mit 43 Mrd. EUR jährlicher Wirtschaftsleistung ein nicht wegzudenkender ökonomischer Faktor in unserem Land. Mehr als 370.000 Beschäftigte arbeiten in der Automobilindustrie inklusive Up- and Downstream Services. Und 17% der österreichischen Forscher und Entwickler sind in dieser Branche beschäftigt, wie Dr. Dorda vom BMVIT ausführte.
Auch wenn das Leben sich in den nächsten 20 bis 30 Jahren wandeln wird, so wird das Auto ein wesentlicher Teil dieses Wandels sein. Wir sollten uns davon verabschieden, das Auto zu verteufeln sondern es als Träger von Technologieentwicklung begreifen. Unsere emotionale Bindung mit dem Auto ist zu groß, als dass wir es einfach in eine intellektuelle Ecke stellen könnten und uns dabei einreden, dass wir künftig autonom fahrende Elektrotransportkisten per Mobiltelefon bestellen wie eine Pizza (auch wenn das ein durchaus realistisches Szenario ist). Zu sehr verbinden wir Freiheit, Unabhängigkeit und die Lust an der Beschleunigung und dynamischen Bewegung mit dem Fortbewegungsmittel des 20. Jahrhunderts. Ob es jedoch jenes des 21. Jahrhunderts sein wird, bleibt noch abzuwarten. Heute sind wir noch immer unterwegs auf einer durch günstige fossile Energie beschleunigten, digitalisierten und individualisierten Mobilitätsautobahn (mit einer aberwitzigen 140 km/h Teststrecken auf der Westautobahn). Wie viele Elektroautos gibt es heute in Österreich? 20.000. Und wie viele Wasserstoffautos gibt es in der Republik? 40!
Trotzdem: Die Zukunft ist elektrisch, connected und autonom.
Wollen wir das? — Was wollen wir eigentlich?
Wir wollen einfach und unabhängig von A nach B. Das ist klar. Und seltsamer Weise wollen vielen von uns manchmal einfach „Gas“ geben. Vielleicht möchte der eine oder die andere auch beeindrucken. So what!
Aber wir wollen auch — und jetzt wird es schwierig — die Natur erhalten. Wir wollen eine Welt, in der wir uns wohl fühlen, in der es aber auch Herausforderungen gibt und in der wir uns weiterentwickeln können. Eine Welt, in der wir beweisen können aber nicht beweisen müssen. Eine Welt, in der wir sicher sind und trotzdem Abenteuer erleben können. Eine Welt, in der wir uns entfalten können. Eine Welt, in der wir uns erholen und aufatmen können. Ein Welt, in der wir Mensch sein können!
Wir Menschen bauen Städte. Wir Menschen schaffen Kunstwelten. Wir Menschen kreieren digitale Netze und virtuelle Welten. Wir erschaffen Bilder, Visionen und Träume. Dabei entstehen oft Komplexität und Kompliziertheit. Dinge, die wir bestimmt nicht wollen.
Und mitten drinnen: das Auto. Als manifestierter Freiheitstraum, mehr stehend als fahrend, mehr stauend als gleitend. Skeptiker meinen sogar lakonisch: es ist ohnehin egal, ob ich elektrisch oder mit Verbrenner im Stau stehe… Ist es nicht!
Elektromobilität bedeutet 98% Effizienz im Vergleich zu den maximal 40% eines Verbrennungsmotors. Und sie bedeutet auch, dass wir erste Wege suchen, uns aus der fossilen Abhängigkeit zu befreien, selbst wenn die deutsche Stromproduktion noch zu über 50% an fossilen Energieträgern hängt. Und sie hilft uns auch, uns an ein neues Fahrverhalten zu gewöhnen — ruhig, leise, sparsam und gefühlvoll, auch wenn die zumeist verbauten E-Maschinen mehr Leistung haben als die meisten Verbrenner und das Drehmoment von Beginn mit voller Wucht einsetzen kann.
AVL geht neben der Batterieforschung konsequent den Weg der Brennstoffzelle und hat in den letzten Jahren ein Team aus über 400 Technologen aufgebaut. Wichtig ist, dass sich nicht die Frage stellt: Batterie oder Wasserstoff. Es geht nicht um entweder oder — es geht um sowohl als auch!
Künftig wird es einen Mix an Antriebssystemen geben. Kleine Fahrzeuge bis ca. 2 t werden als BEV (Battery Electric Vehicles) konzipiert sein. Ab größeren Reichweiten (derzeit ab ca. 600 km) und höheren Fahrzeuggewichten gewinnt die Brennstoffzelle an Attraktivität (FCEV — Fuel Cell Electric Vehicle).
Syn-Fuels, die z.B. aus elektrolytisch gewonnenem Wasserstoff und CO2 aus Prozessabgasen wie beispielsweise aus der Stahlindustrie gewonnen werden, können die Energieträger für die größten Reichweiten z.B. bei Flugzeugen bzw. für große Transportmassen wie Schiffe sein.
Österreich hat jedenfalls viele Ideen und ausreichend Kompetenz, um die Zukunft einer CO2-neutralen Mobilität proaktiv zu gestalten.
Entscheidend ist das Zusammenspiel der einzelnen Technologien und der weitere Ausbau der nachhaltigen Energieproduktion, die wahrscheinlich in der Photovoltaik ihr größtes Potential aufweist, da in Österreich die nutzbare Windintensität im Wesentlichen auf das Burgenland und Teile Niederösterreichs begrenzt sind und die Wasserkraft mittlerweile fast vollständig ausgebaut ist.
Dass Wasserstoff der zukünftige Energieträger für die Überbrückung der Schwankungen der erneuerbaren Stromerzeugung sein wird, ist unbestritten. Die Zukunft der Mobilität ist also eng gekoppelt an die Zukunft der erneuerbaren Energiegewinnung und das kleinste Molekül des Universums: H2!